Religion

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4.   Religion

Religion ist das Gesetz in uns, in so ferne es durch einen Gesetzgeber und Richter über uns Nachdruck erhält; sie ist eine auf die Erkenntnis Gottes angewandte Moral.

Es führt das moralische Gesetz durch den Begriff des höchsten Guts, als das Objekt und den Endzweck der reinen praktischen Vernunft, zur Religion, das ist zur Erkenntnis aller Pflichten als göttlicher Gebote, nicht als Sanktionen, das ist willkürlich für sich selbst zufällige Verordnung eines fremden Willens, sondern als wesentlicher Gesetze eines jeden freien Willens für sich selbst, die aber dennoch als Gebote des höchsten Wesens angesehen werden müssen, weil wir nur von einem moralisch-vollkommenen (heiligen und gütigen), zugleich auch allgewaltigen Willen das höchste Gut, welches zum Gegenstand unserer Bestrebung zu setzen uns das moralische Gesetz zur Pflicht macht, und also durch Übereinstimmung mit diesem Willen dazu zu gelangen hoffen können. Auch hier bleibt daher alles uneigennützig und bloß auf Pflicht gegründet; ohne daß Furcht oder Hoffnung als Triebfeder zum Grunde gelegt werden dürften, die, wenn sie zu Prinzipien werden, den ganzen moralischen Wert der Handlungen vernichten. Das moralische Gesetz gebietet, das höchste mögliche Gut in einer Welt mir zum letzten Gegenstande alles Verhaltens zu machen. Dieses aber kann ich nicht zu bewirken hoffen, als nur durch die Übereinstimmung meines Willens mit dem eines heiligen und gütigen Welturhebers, und, obgleich in dem Begriffe des höchsten Guts, als dem eines Ganzen, worin die größt Glückseligkeit mit dem größten Maße sittlicher (in Geschöpfen möglicher) Vollkommenheit als in der genausten Proportion verbunden vorgestellt wird, meine eigene Glückseligkeit mit enthalten ist: so ist doch nicht sie, sondern das moralische Gesetz (welches vielmehr mein unbegrenztes Verlangen danach auf Bedingungen strenge eingeschränkt) der Bestimmungsgrund des Willens, der zur Beförderung des höchsten Guts angewiesen wird. Daher ist auch die Moral nicht eigentliche die Lehre, wie wir uns glücklich machen, sondern wie wir der Glückseligkeit würdig werden sollen. Nur dann, wenn Religion dazu kommt, tritt auch die Hoffnung ein, der Glückseligkeit dereinst in dem Maße teilhaftig zu werden, als wir darauf bedacht gewesen, ihrer nicht unwürdig zu sein.

Moral führt unumgänglich zur Religion, wodurch sie sich zur Idee eines machthabenden moralischen Gesetzgeber außer dem Menschen erweitert, in dessen Willen dasjenige Endzweck des Menschen sein kann uns soll.

Das Credo in den drei Artikeln des Bekenntnisses der reinen praktischen Vernunft: Ich glaube an einen einigen Gott, als den Urquell alles Guten in der Welt, als seinen Endzweck; - Ich glaube an die Möglichkeit, zu diesem Endzweck, dem höchsten Gut in der Welt, sofern es am Menschen liegt, zusammen zuzustimmen; - Ich glaube an ein künftiges ewiges Leben, als der Bedingung einer immerwährenden Annäherung der Welt zum höchsten in ihr möglichen Gut; - dieses Credo, sage ich, ist ein freies Führwahrhalten, ohne welches es auch keinen moralischen Wert haben würde. Es verstattet also keinen Imperativ und der Beweisgrund dieser seiner Richtigkeit ist kein Beweis von der Wahrheit dieser Sätze, als theoretischer betrachtet, mithin kein objektive Belehrung von der Wirklichkeit der Gegenstände derselben, denn die ist in Ansehen des Übersinnlichen unmöglich, sondern nur eine subjektiv -, und zwar praktisch – gültig und in dieser Absicht hinreichende Belehrung, so zu handeln, als ob wir wüssten, daß diese Gegenstände wirklich wären, welche Vorstellungsart hie auch nicht in technisch – praktischer Absicht als Klugheitslehre (lieber zu viel, als zu wenig anzunehmen) für notwendig angesehen werden muß, weil sonst der Glaube nicht aufrichtig sein würde, sondern nur in moralischer Absicht notwendig ist, um dem, wozu wir so schon von selbst verbunden sind, nämlich der Beförderung des höchsten Gutes in der Welt nachzustreben, noch ein Ergänzungsstück zur Theorie der Möglichkeit desselben, allenfalls durch bloße Vernunftideen, hinzuzufügen, indem wir uns jene Objekte, Gott, Freiheit in praktischer Qualität und Unsterblichkeit, nur der Forderung der moralischen Gesetze an uns zu Folge selbst machen und ihnen objektive Realität freiwillig geben, da wir versichert sind, daß in diesen Ideen kein Widerspruch gefunden werden könne, von der Annahme derselben die Zurückwirkung auf die subjektiven Prinzipien der Moralität und deren Bestärkung, mithin auf das Tun und Lassen selbst wiederum in der Absicht moralisch ist.

Religion zu haben ist Pflicht des Menschen gegen sich selbst.

Die wahre Gottesverehrung besteht darin, daß man nach Gottes Willen handelt.

Eine Religion, die den Menschen finster macht, ist falsch; denn er muß Gott mit frohem Herzen und nicht aus Zwang dienen.

Es gibt nicht verschiedene Religionen, aber wohl verschiedene Glaubensarten an göttliche Offenbarung und deren verordnungsmäßigen Lehren, die nicht aus der Vernunft entspringen können, das ist verschiedene Formen der sinnlichen Vorstellungsart des göttlichen Willens, um ihm Einfluss auf die Gemüter zu verschaffen, unter denen das Christentum, so viel wir wissen, die schicklichste Form ist.

Es ist nur eine (wahre) Religion; aber es kann vielerlei Arten des Glaubens geben. – Man kann hinzusetzen, daß in den mancherlei sich, der Verschiedenheit ihrer Glaubensarten wegen, von einander absondernden Kirchen dennoch eine und dieselbe wahre Religion anzutreffen sein kann.

Eine Religion, die der Vernunft unbedenklich den Krieg ankündigt, wird es auf die Dauer gegen sie nicht aushalten.

Alles, was, außer dem guten Lebenswandel, der Menschen noch tun zu können vermeint, um Gott wohlgefällig zu werden, ist bloßer Religionswahn und Afterdienst Gottes

Dass ein Geschichtsglaube Pflicht sei und zur Seligkeit gehöre, ist Aberglaube.

Es ist eine notwendige Folge der physischen und zugleich der moralischen Anlage in uns, welche letztere die Grundlage und zugleich Auslegerin aller Religion ist, daß diese endlich von allen erfahrungsgemäßen Bestimmungsgründen, von allen Regeln, welche auf Geschichte beruhen und die vermittelst eines Kirchenglaubens provisorisch die Menschen zur Beförderung des Guten vereinigen, allmählich losgemacht werde und so reine Vernunftreligion zuletzt über alle herrsche, „damit Gott sei alles in allem“. – Die Hüllen, unter welchen der Embryo sich zuerst zum Menschen bildete, müssen abgelegt werden, wenn er nun an das Tageslicht treten soll. Das Leitband der heiligen Überlieferung, mit seinen Anhängseln, den Regeln und Kulte, welches zu seiner Zeit gute Dienste tat, wird nach und nach entbehrlich, ja endlich zu Fessel, wenn er in das Jünglingsalter eintritt. So lange er (die Menschengattung) „ein Kind war, war er klug als ein Kind“ und wusste mit Satzungen, die ihm ohne sein Zutun auferlegt worden, auch wohl Gelehrsamkeit, ja sogar eine der Kirche dienstbare Philosophie zu verbinden; „nun er aber ein Mann wird, legt er ab, was kindisch ist“. Der erniedrigende Unterschied zwischen Weltlichem Stand und Geistlichkeiten hört auf, und Gleichheit entspringt aus der wahren Freiheit, jedoch ohne Anarchie, weil ein jeder zwar dem (nicht verordnungsmäßigen) Gesetz gehorcht, das er sich selbst vorschreibt, das er aber auch zugleich als den ihm durch die Vernunft geoffenbarten Willen des Weltherrschers ansehen muß, der alle unter einer gemeinschaftlichen Regierung unsichtbarer Weise in einem Staate verbindet, welcher durch die sichtbare Kirche vorher dürftig vorgestellt und verbreitet war.

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